Bochum. (OK) Hohle Ziele verfolgten die Bochumer Ultras und die edle die Vereinsführung: Das Ruhrstadion als Ballerbude. Ein Pilotprojekt mit bundesweiter Alleinstellungsperiode.
Eine „Beschallungsanlage“ sollte beim Spiel gegen die Eintracht aus Frankfurt feierlich eingeführt werden. Wir waren von dem P-Links Bochum e.V. der jetzt aber sitzen darf, schon sehr gespannt auf die Darbietungen des allseits beäugten Oberkapos, die nicht mehr nur über ein Megalophon, sondern per Mikro über die Lautsprecheranlage des Stadions verstärkt werden sollte. Der Plan: Gesungen werden darf nur das, was der Vorsänger vorgibt, sonst käme es gar zum Kanon. Doch es kam alles ganz anders.
15.30 Uhr sollte Anpfiff sein, aber Pusteblume. Entgegen aller Vorschriften, Gesetze, Landesverfassung und Bundesstadionordnung hatten eingefleischte Frankfurter eine ihrer Fahnen ans Fluchttor auf der Gästeseite gehängt. Nicht das erste Mal passiert. Schon letzte Saison hatten das Fäns eines anderen Vereins aus Süddeutschland getan, aber nicht so hartnäckig.

Operation Ballerbude fiel ins Wasser. Über die Lautsprecher (oben) im ganzen Stadion war nix zu hören über die neue Beschallungsanlage, weil der Oberkapo mit seiner großen Gang schwieg.
Um 16.20 Uhr wäre die erste Halbzeit eigentlich zu ende gewesen, hätte Schiri Zwayer, einer der unangenehmsten seiner Zunft, zur Pause aus seinem letzten Loch gepfiffen. Tat er aber nicht. Anstatt zur Halbzeit zu pfeifen, pfiff er einfach genau zum Ende der ersten Hälfte erst das Spiel an, weil nämlich die Frankfurter ihre Fahne gar nicht abgenommen hatten.
Der korrupte Schiri wartete also so lange, bis sie die Fluchtfahne abnahmen. Nach 50 Minuten machten sie es freiwillig. Gezwungenermaßen hätten sie es natürlich nicht getan. Das fanden wir erst noch ganz lustig. Dann fuhren die Frankfurter Kinder wieder nach Hause. Weil sie ihre Fluchttorzaunfahne abnehmen mussten, nahmen sie alle anderen Fahnen auch ab und ergriffen die Flucht mit der Fahne. Sie verließen tatsächlich das Stadion und fuhren mit ihren original Reisebussen wieder drei Stunden lang nach Frankfurt zurück, ohne das Spiel zu sehen, oder ihre angebliche Mannschaft zu unterstützen. Uns war auch das eigentlich egal. Wenigstens gab es so kein Giftgas von Pyrolator.
Das Spiel begann mit stündlicher Verspätung. Unsere Zuckerpüppchen spielten ansehnlich gut, kreierten beste Torchancen in Hölle und Völle, die sie aber wiederholt versemmelten, aus Unfähigkeit, wegen des sehr guten Torhüters Santos und wegen der ausbleibenden Unterstützung durch die angeblichen Bochumer Fairy Ultras, auf deren Gegröle über die Ballerbude alle Zuhörer vergeblich warteten.
Operation Ballerbude geschreddert
Denn, nachdem ihre Frankfurter Freunde mitsamtz Fluchtfahnen Hals über Kopf geflohen waren, nahmen auch die Bochumer Ultras ihre Fahnen ab, obwohl einige vorher etwas getrunken hatten. Anders als tief im Westen blieben sie jedoch einfach da im Stadion, standen nutzlos rum und flohen nicht, weil sie keine Fluchtfahnen dabei hatten. Diese verhinderten Ultras sangen nichts. Wie einst Mahatma Gandhi schwiegen sie für den Sieg.
Und allein deshalb wiederum war jeder Bochumer Stürmer voll irritiert, allein vor dem Törwart Santos, weil ein Großteil des Publikums bei jeder Chance nicht wie üblich wild mit 100.000 Phon aufgeregt herumschrie. Stille in der Ostkurve, lediglich in der Obstkurve, auf der Gegentribüne, im Kinderblock und geheim feuerten die echten Fans ihre Mannschaft an. Und ein Abweichler trommelte trotz Ultraboykottz. Das war zu wenig. Mattes Bero: „Wie soll ich da ins Tor treffen, wenn ich mutterseelenallein frei vorm Tor stehe, zwei sind in der Mitte frei, wenn kein Lärm ist?“ Das geht natürlich nicht. Er vergab zwei bis drei 127prozentige.
Schweigegelübde der Ultras Bochum
Die falschen Fans schwiegen in der Kurve. Sie und ihre Frankfurter Kollegen sind gemeinsam mit Schiri Zwayer aus der Schule von Amerell Schuld an der unverdienten Niederlage. Anstelle von Ballerbude: Ein echtes Scheißspiel, weil es viel zu lange dauerte, Arschkalt war, und das Ergebnis unter aller Sau. So wird der Stadionbesuch zu Fahrt in die Ultrahölle. Da hilft auch Glühwein nicht weiter. Was für eine Zeitverschwendung bei dem schönen Wetter.
Fahrzit:
Schiri Zwayer hätte das Spiel abbrechen müssen. Interessant wäre die Frage gewesen, wer die Punkte erhält. Vielleicht sollte der VfL Protest einlegen. Drei weitere Punkte vom hessischen Amtsgericht? Aber wahrscheinlich hat die Vereinsführung Angst vor dem Shitstorm, oder Angst vor den eigenen und den Frankfurter Ultras. Immerhin: Ein Zeichen internationaler Solidarität unter den Ultragruppen. Wenn wir jetzt in Leverkusen gewinnen, wollen wir mal nix gesagt haben. Zur Hölle mit Beschallungsanlagen, die nicht benutzt werden wegen Kindergartenstreik.