Münster. (OK) Obstkurve macht Deutschlandtour per Ebike. Die erste Etappe führte zum Aufwärmen ins flache Münsterland. Ziele: Die Anwesen der veradelten Familie Hülshoff. Das Konzept: Einfach losfahren, wie planloses Umhertreiben.
Aber: Mit Zielort. Weg unbekannt. Eine Frage galt es zu beantworten: Warum nur zog Annette von Droste-Hülshoff (AvD) von ihrer Burg weg in das mickerige Haus Rüschhaus, ein Ort der ihr als erster namhafter deutscher Lürikerin ein Graus gewesen sein muss wegen der Verdopplung im Namen: „Haus Rüschhaus“ – so ähnlich wie Burg Burgschloss oder Hotel Erbsenhotel.
Annette von Droste Hülzhoff hat sich mit ihrem Wirken viele Verdienste erworben. Sie bewirkte die als erste adlige Frau die Säkularisation des Biedermeier. Sie erfand die Dauerwelle und strickte ehrenamtlich die Fahne der Schützenbruderschaft Roxel. Sie gilt bis heute als eine der ersten Schützenschwestern des westlichen Münsterlands Mitte, nichtschießend. Sie war ihrer Zeit, 18.45 Uhr, um Jahre voraus.
Sie durchstreifte die Wälder mit ihrem Geologenhammer, zerschmetterte Stock und Stein und schrieb über Mord und Totschlag in ihrer Heimat. Sie versammelte zahlreiche Freunde ihm sich im lürischen Salon im Gartenhaus. Mit dabei waren: August von Haxthausen, der aus Bayern emigriert war. Er lebte kostenlos auf seinem Pökelhof ganz in der Nähe von Brackel. Leopold zu Stolberg aus Stolberg (Rheinland), eine außerschulische Begabung und rheinische Frohnatur. Annette gewährte ihm Asyl in Westfalen. Die Schwester vom Bruder von Novalis, der mit Goethes Schwager befreundet gewesen sein soll, war auch dabei.
Um den Nachstellungen dieser exhibitionistischen Stalkerversammlung zu entgehen, gründete sie die Heckenschriftsteller-Gesellschaft. AvD saß mit ihrem Geologenhammer versteckt hinter den Hecken des Waldes und lauerte ihren ungeliebten Verehrern auf. Daheim baute sie sich ein Schneckenhaus im Haus Rüschhaus. Hier pflegte sie, obwohl selbst schwer krank, zahlreiche seuchenkranke Adelige aus ihrer Verwandtschaft, die sich mit Hilfe des Zehnten ihrer Leibeigenen dick und fett gegessen hatten.
Die Autorin verwirrte ihre Leserinnen und Leser, in dem sie gekonnt Bruchstücke von Akten inszenierte. Sie gab sich und ihnen Rätsellabyrinthe auf, die nicht aufgelöst werden können. Germanisten, Gymnasiasten plagen sich bis heute mit Textinterpretationen herum. AvD lacht sich darüber heimlich ins Fäustchen, denn genau das war ihre Absicht gewesen.
Zwischen dem Schneckenhaus und der Heckenschriftsteller-Society wanderte sie oft hin und her und erfand dabei den Lürikwanderweg, der noch heute benutzt, aber von Ebikern wie Obstkurve zweckentfremdet wird.
In einem der ersten historischen Kriminalromane weltweit, „Judenbuche“, beschreibt sie, wie der Westmünsterländer Hochstapler, Holzdieb und Gewalttäter Friedrich Mergel einen Juden betrügt, indem er ihm eine Taschenuhr abkauft, aber nicht bezahlt. Als das Opfer ihn anzeigen will, machen sich die Dorfbewohner über den Betrogenen lustig. So in seinem Judenhass bestärkt, erschlägt Mergel den Juden an einer Buche. AvD nennt den Thriller „Kriminalroman aus dem gebirgigen Westfalen“, womit sie sich über das glattgebügelte Münsterländer Flachland lustig macht, das nahtlos in die Soester Börde übergeht.
Doch zurück zu ihrer Flucht ins Doppelhaus Rüschhaus, angeblich der Witwensitz der Mutter. Nach herkömmlicher Ansicht mussten die Frauen die Burg nach dem Tod des Vaters Droste verlassen. Ausgiebige Recherchen der Redaktion föderten jetzt jedoch am Tatort die wahren Ursachen ans Tageslicht.
Vegane Pfifferlinge mit Fleisch
Das Essen. Die Speisekarte der Küche von und in Burg Hülshoff basiert auf der traditionellen westfälischen Überlieferung. Versiert werden dort laut Karte u.a. Reibekuchen mit Pfifferlingen oder Matjes mit Salzkartoffeln.
Die Vegetarierin bestellt die Pfifferlinge, der Gourmet den Matjes. Ergebnis: Die Pfifferlinge wurden in einem Pfund Speck angebraten, der mit auf dem Teller liegt und die Pfifferlinge mit Fett verdeckt. Fazit: Die Reibekuchen sind ok, die Pfifferlinge mit Speck entpuppen sich jedoch als Ausgeburt der Banausenküche. In der Speisenkarte wird der Speck folgerichtig vertuscht und in der Küche klammheimlich auf den Teller gepackt. Überzeugte Veganer und Vegetarier verirren sich in den Burghof und kommen nie mehr wieder. So wie seinerzeit, 1831, Annette.
Immerhin war der gevierteilte Matjes, so vervierfacht sich augenscheinlich die Menge, nicht mit Bratkartoffeln und Speck versiert worden. Denn, wie sagte schon die gewiefte AvD: „Wenn ich Fisch esse, will ich kein Fleisch dazu.“
Die Vergeltung
Ihr Problem damals war, dass sie häufig ähnlich überrascht wurde, wie die Gäste der Burggastronomie heute. Avd war extrem kurzsichtig, d.h. sie konnte nicht erkennen, was auf dem Teller lag, sondern löffelte alles in sich hinein und wunderte sich dann über ihr fettes Unwohlsein. Annette schrieb alles auf, was sie auf Burg Hülshoff und im Wald erlebte. Bis heute werden ihre Texte als Drehbücher für den Münsterlandtatort verwendet.
Aber der Kaffee war lecker, und die Eisportion riesig, obwohl sie schmeckte. Sie war ohne Fleisch.