Frösche stürmen Würstchenbude

Bochum. (OK) 26.000 im „ausverkauften“ Ruhrstadion verhungerten. Machte aber nichts, weil die Zuckertruppe die Herthaner aus der Bundeshauptstadt mit 3:1 gewohnt souverän besiegte.

Der vierte Heimspielsieg in Folge, der dritte Sieg überhaupt in Folge. Bochum eilt von Rekord zu Rekord. Das Stadion war mit 26.000 schon ausverkauft, obwohl eigentlich 28.000 reinpassen, weil es an einen multinationalen Immobilienhaikonzern verkauft wurde, der sich den Decknamen „Vonovia“ gegeben hat.

Die Besucher verhungerten, weil das multinationale Bezahlsystem des Nahrungsmittelkonzerns Paraquark mal wieder ausgefallen war. Es entwickelten sich Warteschlangen in Höhe von 30 bis 65 Minuten, denn ab und an, funktionierte es. Schon beim Eintritt warteten Verzögerungen, weil auch das digitale Scansystem zur automatischen Erkennung der Zahlencodes auf den Eintrittskarten erlahmte.

Bochumer ohne Wurst und Bier. Dafür mussten Schals herhalten.

Obstkurve hatte sich das Schlangestehen erspart und einfach eine Brezel für 2,85 Euro 60 gekauft und aufgegessen. Die Brezen aus der Bäckerei konnten mit Bargeld bezahlt werden. Hier funktionierte lediglich das Kopfrechensystem nicht reibungslos. „Wie gebe ich bei 2,85 Euro für eine Brezen auf 20 Euro heraus?“ „Erst gibst Du die Brezen heraus“, sagte die versierte Kollegin.

Während der ausgehungerte Fän schnell die Brezen anknabberte, meisterte die servierende Kollegin schnurstracks das Kopfrechenproblem. „Heraus kamen 50 Euro Wechselgeld.“ Aber die Krönung war, dass es immer noch 2:0 stand, als der Sitzeplatz in Reihe 25, was ganz schön hoch ist, wieder erreicht wurde. Lediglich Kelvin Stöger hatte einen Freistoß an die Latte des Berliner Torhüters gesemmelt. Die 50 Euro übernimmt Julian Brand von Borussia Dortmund. Er war beim letzten Spiel stehen geblieben, nachdem er zum 35. mal den Ball verloren hatte.

Hertha hatte Schlummertrunk

Kevin Prinz Boateng schlummerte das ganze Spiel auf der Ersatzbank. Die Heimfahrt funktionierte fast reibungslos. Die Herthafrösche waren friedlich. Sie schossen nur vereinzelt ein paar Polenböller ab, die sie von Silvester übrig behalten hatten. Lediglich einen Kiosk stürmten die Herthafäns und verteilten die Beute unter den Zuschauern. Würste und Getränke bis zu Umfallen. Den gleichen Vorschlag eines Bochumers hatten die Verkäufer noch abgelehnt. Sie wollten die Würste lieber auf den Müll schmeißen. „Wenn die Kasse nicht funktioniert, kriegt Ihr nix.“ Von wegen. Die Herthafäns hingegen waren vorbildlich in ihrer Aktion a la Robin Hood.

Ausgehungerte Frösche entern Würstchenbude

Die Herthaner waren extra dreieinhalb Stunden mit der Bahn nach Bochum gefahren, um eine Dönninghaus-Schrumpfwurst zu essen, die bundesweit ihresgleichen sucht. Völlig ausgehungert standen sie an der Würstchenbude. Die unverschämten Aussagen des unterforderten Verkaufspersonals ignorierten sie einfach und nahmen die Verteilung des Materials selbst in die Hand. Richtig so.

Dem Fass die Krone setzte aber der Veganbetrug auf. Schon wieder waren die groß angekündigten vegetarischen Bratwürste im Bereich Obstkurve nicht zu kriegen. Sie gabs wohl nur in der Ostkurve. Ein Teil der Frösche war extra zum Verzehr der veganen Wurst angereist. „Das ist ungerecht. Nur die veganen Bochumer kriegen Fleischlos, und wir kriegen noch nichtmal Fleischklops“, sagte ein Frosch. Die Wurstfachverkäuferin: „Sei kein Frosch.“

Zum wiederholten Mal schlängelten sich die Schlangen durchs ganz Stadion und bis hinaus. Ursache: Digital und keine vegetarische Wurst wieder mal. (Bild: OK-Archiv)

Ein Bochumer im kultivierten Block H 1 schoss hingegen als Antwort einen Partyböller mit Konfetti in blauweiß aus einer selbst gebauten Bombe ab, die er den anderen Zuschauern nach dem Abschuss stolz in der Hand haltend präsentierte. Dann setzte er sich wieder hin.

Das war nichts gegen das Spiel am Samstag, 15. September 1990, als der VfL wie gewohnt mit 4:2 gegen die Hertha gewann. Die Frösche versuchten kurz vor Ende des Spiels, die Ostkurve zu stürmen, was der Polizei nicht gefiel. Daraufhin schoss ein Frosch eine Leuchtspurkugel aus einer geeigneten Pistole ab, die einen Polizisten in den Bauch traf, der zusammenbrach. Zwei Kollegen, die die Verfolgung sofort aufnehmen wollten, rempelten sich gegenseitig um. Der Täter entkam. Ob er bei Aktenzeichen xy erkannt wurde, ist unbekannt.

 

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