Dortmund. (OK) Der Kicker erschien auch im Nationalsozialismus, und hatte eine Millionenauflage.
Den Gründer des Magazins, Walther Bensemann, der Fußball nach Deutschland gebracht hatte, schmiss man 1933 raus. Nach 1945 durfte er wieder ran.
Zum Jubiläum diskutierten Lorenz Peiffer, Henry Wahlig, Kicker Chefredakteur Jörg Jakob und Stefan Mühlhofer. Peiffer und Wahlig sind auch die Herausgeber des Jubiläumsbandes „Einig. Furchtlos. Treu.“ der kicker in der NS-Zeit, der jetzt im Fußballmuseum vorgestellt wurde.
Fußball-Illustrierte marschierte voran
Das Fachmagazin stellt sich als eines der ersten mutig der Vergangenheit und scheut auch nicht davor zurück zu enthüllen, wie im kicker schon im August 1941 Zeichnungen von Leichenbergen veröffentlich wurden. Die Karikatur erinnert an Fotos von Leichenbergen nach Massenerschießungen, die im Sommer 1941 in der Ukraine stattfanden.
Die Gäste waren erstaunt und erschrocken zugleich, wie Fußball-Journalisten in vorauseilendem Gehorsam oft schon einen Schritt weiter waren als das Regime und nach mehr Verfolgung lechzten. Wie die Gesellschaft seinerzeit.
Heute erscheint der kicker im Olympia-Verlag, einem unabhängigen Unternehmen, das nicht in irgendeinen multinationalen Konzern eingebunden ist. Das Buch hat mehrere Autoren, über 400 Seiten und leider kein Register. Mit der deutschen Germanistik haben es die Herausgeber nicht so. Sie schreiben – wie leider nicht wenige andere – vom 100jährigen Jubiläum des kicker. Als wenn der kicker 100 Jahre Jubiläum gefeiert hätte. Es muss heißen: 100jähriges Bestehen. Es gibt kein 100jähriges Jubiläum sondern ein Jubiläum nach 100 Jahren oder den 100. Geburtstag mit Loriot, sozusagen.
Stühle quietschen
Der Eintritt im DFB-Museum war frei, ein Stilles Wasser (0,2) kostete 2,50 Euro und die Plastikstühle der Firma pedrali quietschten, so dass die Zuhörer dazu gezwungen waren 90 Minuten stillzusitzen, sonst hätte ohrenbetäubender Lärm die Diskussion übertönt. Erleichterung beim Abpfiff.
Im Anschluss an die Diskussion stürmten zwei Zuhörer den Platz und hielten den Betrieb auf, indem sie anstatt Fragen zu stellen, davon berichteten, wer sie sind und mit wem sie Urlaub machen.
Die Redakion nutzte die Chance und sicherte sich das wichtigere Buch von Henry Wahlig mit dem Titel: „Anne Castroper“. Es handelt von einer Bochumerin, die seit 1911 zum VfL geht. Und vom Stadion, das einst ein Bauernhof war. In der Chronik des Castroper Ruhrstadions fehlen leider ausführliche Berichte von den beiden Pokalendspielen des VfL, die natürlich nicht auf dem Bauernhof stattfanden.
VfL im Pokalfinale
Anno 1988 in Berlin, als die Mauer noch stand wie ne Eins, war die Redaktion dabei und überwand sogar den Eisernen Vorhang um da zu sein für den VfL, als Schiri Heitmann aus Drentwede uns den Pokalsieg und Uwe Leifeld das 1:0 stahl. Unbeugsam wie eh und jemine.