Champagner umströmt Cadolen

Courteron. (OK) Die Redaktion versuchte alles, um dem nervenaufreibenden Kampf um die deutsche Meisterschaft zu entfliehen, den der ruhmreiche VfL aus Bochum letztlich so siegreich gestaltet hat. Der Plan wurde genau so erfolgreich umgesetzt wie der Titelgewinn des VfL.

Wo anders kann der geplagteste Fußballfän Ruhe finden als im Kulturland Frankreich, direkt um die Ecke? Um dort möglichst viel von der Ruhe zu finden, die uns die sagenumwobene Kraft gibt, wurde eine ganz normale Landkarte zu Rate gezogen.

Die Auswertung ergab einen Landstrich in der südlichen Champagne. Dort ist alles zu finden, was das Herz begehrt: Berge, Wälder, Wiesen, Straßen, Radwege, und sogar Baguette. Vor allem findet sich dort eine echte Weltsensation: Cadoles. Aber erst einmal gilt es, hinkommen.

Hier wurde so manche Champagnerparty gefeiert: Cadole in Courteron.

Bei der Suche nach der Unterkunft fiel die Auswahl nicht schwer: Das schöne Örtchen Courteron hat 100 Einwohner, keine Tankstelle, keinen Supermarkt, kein Restaurant und sogar kein Nachtleben, aber eine Durchgangsstraße nach Dijon, wo der Senf wächst. Wir wollten aber keinen Senf, sondern Schampus, um die Meisterschaft des VfL zu feiern.

Wir glaubten, eine Ferienwohnung ohne Wifi gefunden zu haben. Beides stimmte aber nicht. Es war ein Chambre Hotes, also ein Bed and Breakfast mit Badezimmer und Frühstück. Der Frühstücksraum befand sich 60 Meter vom Zimmer entfernt. Er diente gleichzeitig als Küche mit Kühlschrank, Kochgelegenheiten und einem reichhaltig mit Lebensmitteln und Getränken gefüllten Schrank. Jeden Morgen also ein Spaziergang über das paradiesische Hofgelände. Früher, vor Jahrhunderten, war das Anwesen ein Kloster.

Geistige Getränke für Geistliche

Die Geistlichen suchten immer die Nähe zu geistigen Getränken. Sie erfanden die 0,7 Liter Flaschen nach der Formel: Jeder Mönch trinkt abends 0,7 Liter. Sie erfanden auch die Vertiefung am Flaschenboden, damit der Kellner sie bequem mit dem Daumen festhalten kann beim Auskippen.

Immerhin, Wifi gab es tatsächlich die ersten vier Tage nicht, aber dann hagelte es eine schnelle Internetverbindung. Der Gasthof, also das B und B, lag etwas außerhalb des Ortes, ab von den durchaus vorhandenen Radwegen, so dass wir mit unseren solobetriebenen Ebikes täglich eine spannende Begegnung mit 7,5 Tonnern auf der D sowiehoch hatten, mit Holz beladenen Lkws also. Hat geklappt.

Trotz deutlicher Beschilderung fand die deutsche Ordnungspolizei die Cadoles nicht.

Passend zu einer Bildungsreise war gerade Woche der Resistance. Der Ort Courteron selbst besteht ausschließlich aus Champagner bzw. ebensolchen Keltereien mit Kellern, die man besichtigen kann, um dabei den Champagner zu saufen, den man vor und nach der Meistersxchaft des VfL trinken kann.

Die Redaktion begab sich also auf die Spuren von Resistance und Champagner. Beides spielt sich bevorzugt in Cadoles ab (Bilder). Die Wanderung durch den „Circuit des Cadoles“ beläuft sich auf 15 Kilometer bei 300 Meter Höhenunterschied. Die Ebikes blieben bei dieser Gelegenheit im Stall. Es geht bergauf und bergab.

Cadolen sind Iglus, aber aus Stein. Sie sind also klimaresistent, wie auch die Resistance. Darin wohnten Champagnerwinzer in Sommer und Winter in ihren wohlverdienten Pausen. Im Sommer boten die gemütlichen Häuschen Schutz vor der Sonne zur gemütlichen Siesta oder zur kühlen Nacht. Im Winter verbrachte der Winzer darin gemütliche Stunden am Feuer. In der Mitte oben in der Decke befindet sich nämlich ein kleines Loch, durch das der Qualm bequem entweichen kann. So manche heiße Affäre spielte sich in den Häuschen ab.

Durch den Rauchabzug oben fließt helles Sonnenlicht in die Cadole.

Die Cadolen sind von äußerst unterschiedlicher Bauweise. Die meisten rund, aber ohne Ecken, manche mit schön gestalteten Anbauten links oder rechts oder links und rechts. Andere haben einem Vorhof ohne Dach. Der Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt.

Diese Cadolen sind einfach einzigartig in ganz Europa. Sie gibt es nur in Frankreich, und dort vorzugsweise in Courteron. Ein paar wenige stehen im benachbarten Les Riceys, gut versteckt im Wald.

In Courteron sind 12 Stück erhalten geblieben. Manche wurden nie gefunden. Das galt vor allem vor 1945 für deutsche Besatzer, wie die Woche der Resistance mehr als verdeutlichte. Die Maquisards versteckten sich ganz einfach in den Cadoles im Wald. Sie blieben dort, bis die Besatzer endlich abhauten.

Diese liebevoll gestaltete Cadole besitzt einen eigenen Vorhof.  Andere haben drei Zimmer, Keller, Bad und Quelle nebendran.

Mit Erfolg. Wenn die deutsche Schutzpolizei zufällig mal eine Cadole fand, glaubte sie, darin lebten südeuropäische Eskimos. Heute sind die Cadolen Weltkulturerbe, aber trotz guter Beschilderung schwer zu finden und nur erprobten Spurenlesern zugänglich, also Obskurve und der Fernuni Rejkjavik. Was heute den Massentourismus und Terrorismus erspart. Versäumen sie noch nicht die nächste Folge wenn es heißt: Courteron: Champagner ohne Ende. Und nicht zu teuer. Aber alle Achtung: So wie die deutschen Besatzungsbehörden vor 80 Jahren, betreten Touristen die Cadoles nicht. Sie klettern auch nicht drauf rum. Damit sie noch die nächsten 100 Jahre stehen bleiben, zum Wohle des Champagner und von uns allen. Santé!

Cadoles. Manche liegen 25, andere 250, dritte 2500 Meter vom Weg ab.

 

 

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