Berlin/Bonn. (OK) Bima ist die verniedlichende Bezeichnung für die so genannte „Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“. Aufgaben sind ihr Lebenszweck: Der Bund gibt seine Immobilien auf, zugunsten von finanzkräftigen Investoren aus Griechenland, Russland oder auch Spanien. Der Luxussanierung werden keine innereuropäischen Grenzen gesetzt. Investoren wollen nicht nur im Heimatland keine Steuern zahlen. EU und Bundesregierung machen’s möglich. Gerecht soll es zugehen. Eine Quote stellt sicher, dass auch deutsche Immobilienspekulanten, Haie, Börsianer und Karpfen zum Zuge kommen.
Die Bundesregierung hat im Rahmen ihres EU-weiten Sparprogramms nach Hartz-IV-Empfängern, Arbeitslosen, Billiglöhnern und Rentnern nun den Mietern den Kampf angesagt. Überschneidungen zwischen den Opfern sind nicht ausgeschlossen. Erst kürzlich waren die Benzinpreise für Hartz-IV-Empfänger auf 8 Euro pro Liter heraufgesetzt worden (Obstkurve berichtete). Jetzt werden die Immobilien in den besten, aber auch in den schönsten und sogar in den bisher billigen Lagen meistbietend verhökert. Die Philosophie: „Der Mieter als Ware.“ Wer keine Luxusmieten zahlen kann, muss weg aus der Innenstadt.
Abflussrohr durchs Wohnzimmer
Dabei sind die Strategien von Hauseigentümern und Politik vielschichtig, um nicht zu sagen, „fein ausgetüftelt“. Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen oder Ferienwohnungen, „Modernisierung“ und „energetische Sanierung“. Ein Weg zur Entmietung findet sich immer, und wenn dem letzten Mieter ein Abflussrohr durchs Wohnzimmer gelegt wird. Das Neue an diesem Modell: Jetzt werden nicht mehr nur Häuser verkauft, sondern auch Mieter. Diese wechseln gemeinsam mit dem Haus den Besitzer. Einige ehemalige Bima-Mieter schuften mittlerweile auf Baustellen in Katar. Sie arbeiten für die WM 2022. Danach dürfen sie vielleicht zurückkehren. Wenn sie noch eine bezahlbare Wohnung finden.
In Berlin sind laut Statistik noch sieben Prozent der Wohnungen für einkommensschwache Mieter erschwinglich. Das soll sich ändern. Der Bund will mehr teuren Wohnraum. Sylt-Mantas parken die Gehwege und Straßen zu. Sogar in Reinickendorf. Die Bima ist nicht allein im Haifischbecken von Berlin. Allein könnte sie es nicht schaffen, den gesamten sozialen und staatlichen Wohnungsbau zu verscherbeln. Nein. Es sind auch andere Wolfsbarsche und sogar Piranhas dabei.
Der Tagesspiegel berichtete über den Fall Edith Franke. Die Rentnerin zahlte 340 Euro für ihre Wohnung mit Garten. Nach der angekündigten Modernisierung sollen es rund 1670 Euro sein – ein Plus von etwa nur 400 Prozent Kaltmiete. In Reinickendorf. Nahe der Endstation der U 8. Die „Am Steinberg Entwicklungsgesellschaft“ kaufte die Häuser. Die Miete war billig. Damit ist jetzt endgültig Schluss. Aber nicht nur in Reinickendorf, sondern auch in Kreuzberg. Hier wohnt Herr Becker. Sein Vermieter verlangt statt bisher 837 Euro Warmmiete ab 1. Juli 1640 Euro von ihm – fast das Doppelte: „Das ist absurd, komplett absurd“, sagt der 47-Jährige. „Ich konnte es bis eben noch nicht glauben, dass das wirklich möglich ist.“ Solche Vorhaben gibt es in ganz Berlin, in Pankow, Am Prenzlauer Berg und in Schöneberg. Die Mieter verstehen die Philosophie der Märkte nicht, heißt es in Politikerkreisen.
Verhökerung
Mit dem Mindestlohn von 8,50 Euro in der Stunde verdient jemand, der 40 Stunden pro Woche arbeitet, 1428 Euro brutto monatlich; netto bleiben einem Single davon knapp 1060 Euro. Damit können die Mieten innerhalb des S-Bahn-Rings nicht bezahlt werden. Und das soll bald in ganz Berlin so sein.
Alles ist möglich, auch der Verkauf der bundeseigenen Häuser an der Großgoerschen- und Katzlerstraße in Schöneberg. Diese Häuser hat die Bima schon für 7,8 Millionen Euro verhökert, mit Billigung der Mehrheit des Haushaltsausschusses des Bundestages. Dazu ein Regierungssprecher: „Wir entwickeln sozialverträgliche Wege, die unwirksame Mietpreisbremse auszuhebeln. Da sind ja nur 48 Haushalte betroffen. Die werden schon was finden.“
Einzige und zugleich letzte Hoffnung der Anwohner: Der Bezirk hat ein Vorkaufsrecht. Aber er kann die geforderte Mindestsumme von 7,1 Millionen Euro nicht bezahlen. Das Land Berlin hatte 6,3 Millionen Euro geboten. Viel zu wenig für die Bima.
Die Bima verwaltet unter Federführung des Finanzministers Wolfgang Schäuble bundesweit rund 26.000 Immobilien mit rund 500.000 Hektar Grundstücksfläche. Ihr gehören noch 38.000 Wohnungen. Damit ist die Bima eine der größten Immobilieneigentümerinnen Deutschlands. Und das soll sich ändern.
Der Bima gehören unter anderem die Liegenschaften der Bundeswehr und der Bundespolizei, Ministeriumssitze, Wohnungen, Baugrundstücke und Gewerbeflächen. Etwa 3000 Hektar ihres Besitzes liegen in Berlin, darunter rund 5400 Wohnungen und Einfamilienhäuser. Damit kann sie nichts anfangen.
Bundesausverkauf
Verkaufen will die Bima bis 2018 rund 1700 Wohnungen in Berlin. Darüber hinaus will sie sich von Baugrundstücken und anderen Immobilien trennen. Warum sollten Mieter gut und günstig wohnen? fragt die Bima. Die Häuser zwischen S 1 und S 2, am Friedhof Großgoerschenstraße, werden nicht die letzten bei der großen Verhökerungsaktion sein. Denkmalschützer kritisieren, dass die Gräber der Gebrüder Grimm mit verkauft werden.
Zu den größten Wohngebieten auf der Verkaufsliste gehört die Cité Foch Nord, eine ehemalige Siedlung der Franzosen in Reinickendorf mit 471 Wohnungen. In der Kafkastraße in Kladow, nahe der Blücherkaserne, will sich der Bund von 112 Wohnungen trennen. An der Themsestraße sowie der Londoner Straße in Wedding werden 84 Wohnungen verhökert.
Und die Mieter? „Wir können uns in unserer Wohnung nicht mehr sicher fühlen“, sagt eine verfolgte Mieterin in Berlin. Die Obdachlosigkeit steigt. Da will der Bund nicht zurückstehen. „Geringverdiener müssen eben an den Stadtrand“, sagt die Bima. Wenn sie überhaupt eine bezahlbare Wohnung finden. „Wir werden alles aufgeben, was nicht niet- und nagelfest ist“, heißt es in einer inoffiziellen Stellungnahme. Der Senat plant bereits Zeltstädte für Entmietete in Schönefeld.
Hintergrund: Die Bima wurde durch das Bima-Errichtungsgesetz vom 9. Dezember 2004 als bundesunmittelbare, rechtsunfähige Anstalt des öffentlichen Unrechts mit Sitz in Bonn errichtet und ist seit dem 1. Januar 2005 „am Markt“. Die Bima hat die Aufgaben und das Personal der ehemaligen Bundesvermögensverwaltung (früher ein Teil der Bundesfinanzverwaltung) übernommen. Sie wird wie die Regierung von „den Märkten“ gesteuert.
2,9 Milliarden für den Bund
Und wer profitiert? Nicht die Bima, denn sie hat 2013 nur 2,9 Milliarden Euro an den Bund abgeführt. „Das ist viel zu wenig“, sagt ein Regierungssprecher. Das Gruselkabinett überlegt gerade, ob die Bima nicht in Bimv unbenannt werden sollte: „Bundesanstalt für Immobilienverhökerung.“ Den Makler zahlt die Bima aus der Portokasse. So wird die Mietpreisbremse verwirklicht. Insider dementierten bereits jetzt, dass die Sklaverei in Europa schleichend unter dem Deckmäntelchen der Schuldenbremse für Privathaushalte zurückkehrt. Nächstes Jahr soll auch die Miezpreisbremse beginnen. Katzenbesitzer zahlen dann das Doppelte. Ziel des Geheimprogramms: Jeder Bundesbürger soll sich verschulden. Naja, fast jeder. Verschuldete Bundesbürger werden dann an Investoren verkauft. Diese setzen sie in Schlachthäusern oder Legebatterien ein. Die Firmensitze befinden sich im EU-Ausland. Von dort aus werden sie an ihre Einsatzorte kommandiert. Diese können unter Umständen im Bundesgebiet liegen. So können sie auch im Heimatland für 2,80 Euro die Stunde arbeiten. Damit verschulden sie sich praktisch immer weiter, weil die Mieten viel höher sind als die Einkommen.