Fans beschließen Heimspieloffensive

Dortmund. (OK) Der frivol obstskurste Fänklupp der Bundesrepublik Deutschlands, P-Links Bochum, feierte seine glanzvolle Jahreshauptversammlung bei heiße Suppe.
Obstkurve durfte als einziges echtes Fußballmagazin bei diesem einmaligen Fän-Event exklusiv mit dabei sein und die interne Runde der Fußballfreunde auf dem gemütlichen Sofa belauschen.
Die Chronologie einer denkwürdigen Vereinssitzung:
Als erstes wurden Getränke gereicht. Danach kam die Sportschau. Die Anwesenden stellten fest, wie langweilig der Fußball doch geworden ist. Insbesondere wurde bemängelt, dass die Spieler des VfB Stuttgart noch nicht einmal mehr Schwäbisch schwätze könne.
Als die Sportschau endete und zur Überraschung aller ohne ernste Konsequenzen überstanden worden war, waren schon alle anwesenden Mitglieder eingetroffen. Gediegene Hintergrundmusik  untermalte die außergewöhnliche Versammlung. Eine Nadel tastete die Vinylscheiben auf dem Plattenteller ab. Lautsprecher sorgten für einen ansprechenden Ton. Zu hören waren die Alben der Members (Sound of the suburbs) und Ruts (Babylon’s burning)

Heiße Lauchsuppe zum Abendbrot

Auf die gelungene Einstimmung folgte der kulinarische Höhepunkt des Abends: Die Gastgeber servierten das diesjährige Versammlungsmenü: Es gab heißes Essen vom Herd in der Küche, vor Ort frisch aufgetischt, durfte aber auch im Wohnzimmer gegessen werden. Mit der Kelle füllte man sich lecker duftende, selbst gekochte Lauchsuppe mit Einlage auf die tiefen Teller, die aber nicht aus den alten Schuhen der Gastgeber stammte. Nach dem Essen folgte sogleich der gemütliche Teil.
Die diesjährige Sitzung wurde in Dortmund abgehalten, weil die 15 Mitglieder des Fänklupps aus der gesamten Bundesrepublik angereist waren. Sie kamen aus Bochum, Dortmund und Lünen. Dortmund liegt geographisch im Mittelpunkt Europas, wie die Versammlung mit Erstaunen feststellte.
Nach dem Essen wurde die Tagesordnung diskutiert und einstimmig verabschiedet. Sie musste noch zu einem anderen Termin.
Präsi Pitches übernahm die Begrüßung. Er wurde mit deftigem Applaus bedacht. Pitches führte seinen Mitgliedern noch einmal deutlich die Regularien vor Augen. Satzungsgemäß erfolgten demnach dieses Mal keine Vorstandswahlen, weil noch im letzten Jahr ein neuer Vorstand gewählt worden war, der noch bis nächstes Jahr weiter amtiert. Dieser Vorschlag wurde allseits begrüßt und abgenickt.
Beim 2. Punkt der Tagesordnung folgte die Entlastung des Vorstandes. Sie wurde von der Versammlung einstimmig gewährt. „Wir danken dem Vorstand für die einwandfreie Vereinsarbeit“, hieß es aus den Reihen der Teilnehmer. Auch die Kasse war geprüft und für ernsthaft in Ordnung befunden worden.

Kontroverse Diskussionen

Äußerst kontrovers diskutierten die Fans die künftige Strategie ihres Vereins. Einstimmigkeit konnte in diesem Jahr nur noch beim Tagesordnungspunkt „Auswährtsfahrt“ erzielt werden. Diese wurde von der Tagesordnung gestrichen, weil die geplante Auswärtsfahrt schon in der letzten Saison ausgefallen war. Mit Wehmut erinnerte man sich an die letzte Auswärtsfahrt im Abstiegsjahr, wobei der VfL das Spiel beim HSV nahe der Elbe durch ein Traumtor von Momo Diabang mit 1:0 souverän gewonnen hatte. Ursprünglich sollte letzte Saison die Alte Försterei von Union Berlin unter Lupe genommen werden. Die Mitglieder bemängelten die Spielplanplanung des DFB, die keine vernünftige Auswärtsstrategie mehr zuließe.
In diesem Zusammenhang wurde im Rahmen des nächsten Tagesordnungspunktes von einem Gründungsmitglied des Vereins  die Vereinstreue der Mitglieder bemängelt. Handelt es sich doch bei diesem Fänklupp um den einzigen bekannten Bochumer Fänklupp, der nicht nur bei allen Auswärtsspielen, sondern auch bei vielen Heimspielen durch Abwesenheit glänzt.
Um Abhilfe zu schaffen, wurde folgender Beschluss gefasst: Alle Klubmitglieder sollten mindestens fünf Mal im Jahr ein Heimspiel besuchen, am besten sogar noch mehr. Um die Heimfrequenz nachhaltig zu erhöhen, wird künftig ein Kommunikationssystem aufgebaut werden, in dem jedes Mitglied, das sich zu einem Heimspielbesuch durchringen kann, alle Vereinskameraden rechtzeitig über das geplante Vorhaben informiert.

Lob für den neuen Trainer

Um der Sache Nachdruck zu verleihen und diesen Aufruf zu unterstützen, beschlossen die Anwesenden folgende Revolution: „Wir anerkennen die unvergleichliche Arbeit des neuen, erstklassigen Trainers Gertjan Verbeek. So einen Fußball haben wir in Bochum noch nie gesehen. Deshalb rufen wir alle Bundesbürger dazu auf, zum VfL zu gehen. Sonst verpassen sie diese unvergleichliche Spielkultur.“ Anerkennung erntete Verbeek für Taktik, Fitness, Ballbehandlung und für seine gehobene Sprachkultur. Die Mitglieder wollen schon in Kürze verstärkt gemeinsam Heimspiele besuchen.
Ein engagiertes Vereinsmitglied ging noch einen Schritt weiter und schlug zugleich nicht nur die Einführung von vierteljährlichen Versammlungen, sondern auch ein eigenes T-Shirt vor. Jetzt begann es zu knistern. Das Protokoll notiert im Hintergrund lautes Grummeln. Zwei Mitglieder widersprachen. Sie hätten keine Zeit, müssten schließlich auch mal Blumen gießen oder arbeiten. Vor allem wiesen sie darauf hin, dass schon die eigentliche Pflicht der Klubmitglieder, der regelmäßige Besuch von Heimspielen, dermaßen vernachlässigt wurde, dass vierteljährliche Versammlungen praktisch nicht zu realisieren seien.

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So könnte es aussehen.

Zur Frage der T-Shirts. Es wurde betont, dass dieser Gedanke bereits im Jahr 2008 ins Auge gefasst worden war. Durch die Wirtschaftskrise konnte er allerdings noch nicht umgesetzt werden. Es erging folgender Beschluss: Jedes Vereinsmitglied hat die Pflicht, Entwürfe für ein Klublogo einzureichen. Darüber wird im nächsten Jahr entschieden. Bereits bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung wurden zwei Entwürfe vorgestellt und zur Diskussion gestellt. (siehe Bilder) Allgemeine Zustimmung erhielt der Gedanke, das Parken-P in die Entwürfe einbauen zu müssen.
Unter Punkt 14., Verschiedenes, wurden Fragen zur Zahl und zur Biographie der verschiedensten Klubmitglieder erörtert. Es wurde beschlossen, dass man sich mit Zahl und Personen einverstanden erklärt. Dabei erklärten sich sieben Anwesende für befangen. Grundsätzlichen Diskussionsbedarf meldete die Runde auch bei Herkunft und Wirkung des Klubnamens und zur Frage, welche Begriffe auf dem T-Shirt verwendet werden können, an.

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Oder so?

Danach wurde eine Glaubensfrage erörtert: „Dürfen Mitglieder von P-Links eigentlich auch H-1 sitzen?“ Diese Kardinalfrage wurde ernsthaft bei Pils diskutiert. Ergebnis: Der Besuch von H-1 sei unter folgenden Voraussetzungen gerechtfertigt: Es müsse mindestens ein Klubmitglied dabei sein, dass über 50 Jahre alt ist und den Strapazen der Obstkurve kaum noch gewachsen sei. Es wurden die Vorteile der Sitzplätze hervorgehoben, unter anderem freier Zugang zu Toilettenanlagen und Versorgungsbuden. Kritisch angemerkt wurden die Nachteile der Sitzplätze im kalten Winter. Hierzu wurde festgestellt, dass der Sitzplatzbesuch vor allem bei Spielen mit gutem Zuschauerzuspruch – etwa St. Pauli – im Winter zu empfehlen sei. Vorzugsweise oben unter dem Dach, weil es weniger zieht und weil aber die Wärme nach oben zieht. Die Mitglieder wollen es nicht an die große Glocke hängen, aber sie fühlen sich auch auf H-1 sehr wohl und danken dem VfL Bochum sehr dafür, dass sie dort sitzen können, wenn sie wollen.

Goldene Vereinsnadel vorgeschlagen

Die Verleihung der Goldenen Vereinsnadel an Klubmitglied Dieter wurde beschlossen, weil dieser auf dem Weg zur Vorverkaufsstelle mit dem Motorrad verunglückt war. Ein Taxifahrer hatte ihn umgenietet, obwohl er ein Ticket für das Spiel gegen Heidenheim kaufen wollte. Ein weiser Entschluss, der ihm zum Verhängnis wurde. Diesen Einsatzwillen, diese Opferbereitschaft erwartet der Verein künftig von allen Mitgliedern. Gleichzeitig wurde zur Entschuldigung der Blaumacher hervorgehoben, dass auch Unglücksfälle wie dieser hier zum Fernbleiben von solchen Spielen beitragen können. „Diesen Schicksalsschlägen können wir nicht ausweichen“, sagte Präsi Pitches und erntete dabei allgemeine Zustimmung.

Beschluss: Vereinspizza pikant mit Thunfisch

Der letzte Beschluss bestätigte eine Entscheidung des letzten Jahres, wonach es sich bei der Pizza „Pikant mit Thunfisch“ um die Vereinspizza handelt. Dieses Jahr wurde die Vereinssuppe hinzugefügt. Die Mitglieder entschieden sich einstimmig für Lauchsuppe. Grundsätzlich bejaht wurde die Option, bei Auswärtsfahrten auch andere Biere außer Fiege zu trinken.
Präsi Pitches schloss die Versammlung mit einem dreifachen Hipp, Hipp, Hopp auf den VfL, Gertjan Verbeek und die neue Spielkultur.
Die Redaktion vermisste nur einen einzigen Punkt, nämlich die Würdigung des möglichen Remis-Weltrekords durch das glamouröse Team. Fazit: Hier mitten im Ruhrgebiet wird noch echte Fankultur zelebriert. Diese Anhänger kochen nicht nur ihre Suppe selbst. Sie entwerfen sogar eigene T-Shirts und wollen auch mal zum Heimspiel gehen. Das ist gelebte Vereinstreue in Zeiten von Fußballzirkus, Kaspertheater und rücksichtsloser Vermarktung beim Ausverkauf der Fans. So hat der Fußball noch eine Chance zum Überleben.

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