Kirschentag: Katzenköter kapert U

Katzenköter im Dortmunder U.

Dortmund. (OK) „Zugabe, Zugabe.“ – „Welches Stück?“ – „Gütersloh, Gütersloh!“

Der Saal bebt, das Publikum verlangt in lautstarken Sprechören mehr Zugaben. Doch die Dortmunder Punkband Katzenköter hatte sich bis dahin in einem 45minütigen Topauftritt verausgabt. Immerhin konnten sie ihre hundertköpfige Fangemeinde mit dem Hinweis darauf vertoasten, dass sie schon im September wieder in Dortmund touren. „Das ist nicht so weit.“ Und es dauert nicht so lange.

Die Vorzeichen standen auf Sturm. Die Wettervorhersagen wurden von Petrus erfüllt. Hatten Katzenköter im vergangenen Jahr noch am Proberaum mit gepackter Anlage von der Absage ihres Konzertz beim Sommer am U erfahren, gingen sie dieses Mal auf die Bühne im schönen Kinosaal des Dortmunder Kulturtempels. Sicherheitshalber und völlig berechtigt. Punkt 20 Uhr tobte ein Tornado über Dortmund, der vorher schon Gelsenkirchen völlig verwüstet hatte. Dieses Mal war Katzenköter vorbereitet, hatte einen Obstfriesennerz, Regenschirm und Mütze mitgebracht. Überflüssig.

Katzenköter stürmte das U dieses Mal mit Vorgruppe ASOM. Gastgeber: Rockaway Beatclub.

Drin tobten Zuhörer und Bänds. Im Vorprogramm spielten dieses Mal Another State of Mind (kurz Asom) aus Krefeld. Ihre schnellen und melodischen Songs mit Sängerin überzeugten.

Nach kurzer Pause humpelten die Veteranen von Katzenköter auf die Bühne. Zum Trio gewachsen, boten sie erstklassigen Punkrock wie aus dem Jahr 1977, als die betagten Künstler anfingen, schöne Melodien zu hören. Beste Mitsingunterhaltungsmusik brachte die Zuhörer in Stimmung. „Das ist ja wie am Rockaway Beach“, meine eine tanzende Zuschauerin. Katzenköter schaffen es wie keine andere Band, modernen mit klassischem Punkrock zu einer unverwechselbarren Mischung zu verknüpfen. Verblüffend angesichts der vielsaitigen Darbietungen der mehrstimmge Gesang. Insbesondere die Dialoge zwischen Bassistin und Gitarrist machten Spaß.

Thematisch befassen sich ihre Texte nach wie vor mit Wohnen (wichtig), öffentlichen Verkehrsmitteln, Getränken und Lebensmitteln, Kinderliedern, Urlaub, Kleingartenanlagen, Songwriting, Fernsehkonsum und Langeweile. In einer kurzen Pause – am Schlagzeug war eine Schraube locker – verteilte Gitarrist Elch eine Kirsche an die Gäste. Es war halt Kirschentag im U. Und ein fantastisches Publikum beim Kontrastprogramm zum etablierten Kirchentag. Im U versammelte sich hochkarätige Suppkultur des Ruhrgebiets. „Bei dieser Hitze.“ Aber drin wars ok.

Katzenköter live ist ein Erlebnis.

Brandneu ist ihr Sommerhit 2019 mit dem Titel „Abhaun“. Hier geht es nicht um ihren Traum, dass sie den Pott als Rentner („also jetzt“) verlassen, um auf Island zu leben, sondern auch um eine fragwürdige Kultfigur der Deutschrockszene. Hintergründige Zeilen offenbaren allerdings nicht direkt, um wen es geht.

Obwohl sie das Lied gekonnt ans Ende des Auftritts setzten, klappte es nicht mit dem Abhaun. Band und Publikum blieben einfach da. Und so kamen sie den dutzendkehlig gerufenen Sprechchören nach und spielten mit „Gütersloh“ und „Hackfleisch“ gleich zwei ihrer größten Hits noch einmal. Viel Applaus und Sprechchöre belohnten die versierten musikalischen Darbietungen des Dortmunder Trios.

Auf die immer wieder gestellte Frage nach dem Auftrittsverbot antworteten sie nachher im Interview: „Das haben wir jetzt ganz bewusst durchbrochen.“ Wie berichtet, hatte der Song Hackfleisch die Fleischlobby dazu bewogen, gegen die Band vorzugehen. „Wegen Fleischverunglimpfung.“ Doch von solchen Kleinigkeiten lässt sich die Band nicht beirren. Das erlebten ihre Fans aus dem gesamten östlichen Ruhrgebiet jetzt hautnah – beim Sommer im U auf Einladung des legendären Rockaway Beatclubs aus der Dortmunder Norstadt (Bild).

Rudi: Bei Katzenköter geht die Post ab.

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