König Fußball hat einen Musentempel

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Dortmund. (OK) Die Saison ist vorbei. Auf den Fußballplätzen von Liga 1 bis Kreisliga D ist nichts los. Es herrscht tödliche Langeweile. Wie sollte der Fußballfan die fußballose Zeit bis zur EM bloß überbrücken? Mit einem Besuch im Fußballmuseum in Dortmund? Genau.

Obstkurve machte sich auf die nicht vorhandenen blau-weißen 1848er Socken und fuhr mit der U-Bahn zum Dortmunder Hauptbahnhof. Rechts gegenüber vom Haupteingang findet sich ein teleganter  Neubau, für den der Busbahnhof Platz gemacht hat. Der Busbahnhof liegt jetzt nördlich vom Bahnhof. Dafür musste dort das letzte Grün verschwinden.

Egal. Dortmund tut was für sich und sein Image. BVB, Regionalfluglandeplatz (verschuldet), und jetzt hat der DFB sein Fußballmuseum in der Westfalenmetropole placiert. Fußball ohne Bier? Ein echter Publikumsmagnet und Augenschmaus. Von außen bunt und lebendig. Und innen? Die Massen stürmen Dortmund.

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Fußball medial bunt.

Der Besucher betritt das Haus durch den überdimensionalen Spielertunnel. Eine Rolltreppe, die nicht enden will. Die Wände mit bunten Bildern von Vereinen, Fans und Prominenten verziert. Oben angekommen, präsentiert der DFB sein Paradestück: Die Fußballnationalmannschaft. Fritz Walter und Kornsorten machen den Anfang. Die Helden von Bern und ihr Wunder 1954. Wir waren wieder wer. Wir sind wieder wer. Der Einstieg ist jedenfalls gelungen, denn Sepp Herberger war der Taktikgott.

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Das 2. Obergeschoss gibt einen Überblick über Fußballweltmeisterschaften. Im Vordergrund stehen  die Elf und ihre größten Erfolge. Bunt und hypermedial präsentiert. Eine Multimediashow des deutschen Fußballs. Abgerundet wird das 2. Obergeschoss mit der Geschichte des DFB, Fußball in der DDR und Frauenfußball. Das Museum beleuchtet auch die Rolle des Fußballs in der NS-Zeit und in den Kriegen, wobei beleuchtet hier ausnahmeweise mal nicht wörtlich zu verstehen ist. Zum Thema Fußball und Nationalsozialismus bietet der DFB Schulprogramme an. Im Kulturprogramm geht es um Biologie und Ideologie des Fußballs. Der Höhepunkt der Fußballkultur ist das Tonstudio. Hier dudelt Ralph Siegel seine größten Erfolge. Der Gast hört die wunderbaren WM-Lieder bei voller Lautstärke. Tony Marshall singt „Fußball ist unser Leben“ (1974) bis hin zu „Don’t cry for me Argentina“ (Isabel Peron) und sogar ganz aktuelle Klangcollagen unserer Lieblingskicker. Udo Jürgens war sogar zwei Mal mit ohne Sahne von der Partie. Wow. Im Studio blieb die Redaktion stundenlang, kam praktisch gar nicht wieder raus.  Wie in der Disko. Hauteng und super Sound.

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Kleines Manko der 2. Etage: Die Verherrlichung der Nationalmannschaft geht etwas zu weit. Das Thema Korruption im internationalen Fußball spielt keine große Rolle. Was soll der DFB schon machen.

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Fußball ist die wahre, die hohe Kunst.

Vor dem Gang in die erste Etage muss der Gast durch die 3D-Kino-Show. Der Filmclip beginnt mit Bastian Schweinsteiger und Philipp Lahm. Wüste Schnitte untermauern die Verdienste der Helden. Viel lebendiger und lustiger sind die Beiträge von Thomas Müller und Christoph Kramer. Einer fehlt.

In der ersten Etage präsentiert der DFB seine Basis, die Säule: Vereinsfußball. Die Schatzkammer zeigt Kopien der großen Pokale. Weltmeister. Es folgen Training und Taktik, die Vorgeschichte der Bundesliga, Europacup und der DFB-Pokal. An der Klaus Fischer-Gedächtniswand dürfen Laien im Liegen den Fallrückzieher am Mann ausprobieren. „Aber nicht zu feste vor den Ball treten, der geht sonst ab“, sagt eine besorgte Aufsichtsdame zur Dame, die den an einer Ketten baumelnden Ball fast aus der Verankerung getreten hat. Über die Hall of Frame geht es durch den luxuriösen Mannschaftsbus raus in die Spielzone, die jedoch einzig eine Werbezone für Mercedes Benz ist. Was wir am meisten vermissten war die Torwand. Nicht mal so ein Gerät war aufgebaut, womit Mann und Frau die Geschwindigkeit des volley getretenen Balles messen lassen können. Wir waren sicher, dass wir 104 km/h geschafft hätten. Vor dem Verlassen des Ladens (Museums) muss man durch den Shopp, in dem Trikots und Fußballschuhe verscherbelt werden. Draußen dürfen kleine und große Fußballer in kleinen Käfigen pöhlen, was sehr anstrengend ist, weil der Ball nie ins Aus geht. Aber die Käfige sind ausgebucht.

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Nur mit der Lupe zu finden: VfL.

Fazit: Das größte Manko des Fußballmuseums ist das Schattendasein des Revierfußballs. Obstkurve hätte sich hier deutlich mehr gewünscht. Westfalia Herne kommt kaum vor, ebenso wenig wie der größte Verein des Westdeutschen Fußballs, der VfL Bochum 1848. Im Spielertunnel findet sich ein Gemälde von Grönemeyer. Das müsste nicht sein. In der Vitrine mit den Anstecknadeln der früheren Oberligisten fehlt der VfL auch. Kein Wunder 1948 spielte er noch nicht in der Oberliga. Aber: Bei den Videos von den Pokalendspielen der 1980er Jahre fehlt ausgerechnet das Endspiel von 1988. Warum nur? Hat es etwas mit den Fehlentscheidungen des Schiris zu tun? Bei den Trainern fehlen die wirklich Großen wie Heinz Höher, Rolf Schafstall, Hermann Gerland oder Gertjan Verbeek. Nicht mal Peter Neururer und seine Taktik, „ich brauche kein Konzept“, sind vertreten. Einzig in der Vitrine mit den Kutten findet sich der VfL. (Bild) Ein Bochumer Besucher: „Ich finde meine Mütze nicht.“ Nicht mal in den Kasten mit den Delikatessen hat es die einzigartige Dönninghaus geschafft. Was für ein Versäumnis. Aber: Der Besuch lohnt sich. Wer sich die Zeit nimmt, kann Stunden im Fußballmuseum verbringen. Es ist nur sehr anstrengend und farbig. Das Spiel dauert länger als 90 Minuten, aber der Drall ist bunt. Vollzahler zahlen 17 Euro an der Tageskasse, ermäßigte Tickets gibt es für 14 Euro.

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Der Fußball liegt im Museum in Dortmund.

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