Ein Sieg für die Seele – Ein Sieg fürs Fußballherz

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 Zuschauer im Ruhrstadion von den Socken – 1:0.

Bochum. (OK) Der VfL Bochum schrieb Fußballgeschichte. Es war zugleich ein Stück Fußballnostalgie. Die Bochumer gewannen 2:1  gegen die favorisierten Dortmunder. 28.000 sahen das denkwürdige Spiel im schönsten Stadion der Bundesligen. Terrazino vom VfL gab den hochbezahlten BVB-Kickern Anschauungsunterricht in Sachen Chancenverwertung. Den Dortmunder Spielern lief es nicht nur dünn aus der Hose, sie guckten auch dumm aus der Wäsche. Und das war verdient.
Die Trinkhalle an der Unterführung hoch zur Castroper Straße hat schon lange zu. Heute hängt dort Werbung für Penny. Das ist der Gang der Zeit. An den Buden in der Innenstadt gab es auch bei diesem Hochrisikospiel Flaschenbier. Fiege-Pils mit Bügelverschluss schmeckt einfach besser. Doch, je näher das Stadium rückte, desto kein Flaschenbier.

Kein Dosenbier wollen wir

Viele Budenbesitzer rücken nur Dosenbier raus. Doch Fiege-Pils gibt es nicht in Dosen. Was tun? Verdursten? Eine Bude hat eine ganz verblüffende Geschäftsidee: Sie füllen das Fiege-Pils einfach in solido Plastikbecher, nicht so dünne Teile wie im Stadion, die beim Anpacken in sich zusammenfallen. Stabil, Pils drin, Inhalt lecker. Überraschenderweise lagen am Planetarium stapelweise Pflastersteine bereit. Wer die wohl dahingepackt hat? Die Polizei sah es und hat die Sicherheitslücke hoffentlich beseitigt.
Am Stadion war es einfach schön. Nicht nur das Wetter. Obwohl die Gästekurve farblich ungewohnt aussah. Dortmunder hatten sogar eine eigene Pommesbude mitgebracht. Da sind die Pommes schwarz-gelb. Seitdem Tuchel den Spielern den Italiener verboten hat, essen sie immer aus dieser Pommesbude. Genießer nahmen lieber eine echte Dönninghaus in der Tüte, mit Senf.  (Bilder)

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Wie Holländer beim Camping: BVB.

Vor dem Stadion belästigten Wespen die Fäns. Wespen gibt es in Bochum sonst nie. Ein VfLer wußte sofort warum: „Die Wespen kommen wegen der neongelben Trikots des BVB.“ Tatsächlich, so war das. Wer jetzt aber von der Aggressivität der Wespen auf die Spielweise des BVB geschlossen hätte, der lag falsch.

Die Atmosphäre war harmonisch, Heim- und Gästefans saßen durcheinander und fachsimpelten gemeinsam über heute und längst vergangene Zeiten, als die Fußballwelt noch in Ordnung war. Der Spieltag Samstag nachmittag um halb vier. Vorbei. Neutrale Beobachter sahen Schicksale. Etwa der Bochumer Pappa, dessen zwei kleine Söhne BVB-Fans sind. Was für ein Leben.

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Verkehrte Welt am Ruhrstadion mit Wespen.

Es wurde auch Fußball gespielt. Das Spiel gab den Fans ein Stück Fußball zurück. Der Fußball kam nach Hause, kam dahin, wo er hingehört. An die wunderschöne Castroper Straße.

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Kritisch beäugt: Skurille Dehnübungen beim BVB.

Doch schon zu Spielbeginn kippte die bis dahin friedliche Stimmung. Und das lag an der Mehrzahl der Gästefans. Darunter leider zu viele Kulturbanausen.
Wir wollten einfach nur das Spiel gewinnen, wie sich das gehört. Während aus der Obstkurve keine Hassgesänge zu hören waren, keine BVB-feindlichen Banner am Zaun hingen, verstand die Mehrzahl der Dortmunder etwas anderes unter „Freundschaftsspiel“. Ihr Sprechchor: „Ihr seid scheiße, wie der S 04.“ Diese tiefschürfende Erkenntnis war noch zu toppen.

Wespen attackieren Bergleute

Tiefpunkt der Gästedarbietungen war das Übertönen der Bergmannskapelle, die für das ganze Stadion, für das Ruhrgebiet und alle Kumpels das Steigerlied spielte. Leider hatte der VfL nicht mit der Ignoranz des größeren Teils des Dortmunder Publikums gerechnet, die nicht wissen, dass es auch in Dortmund einmal Zechen gab. Sie sangen wie immer ihr „Dudeljö“.

Offensichtlich hatten sie die Pommes schwarz-gelb aus eigener Frittöse nicht vertragen. Ihr Rülpsen war lauter als die Blaskapelle. Der VfL war auf die Eskalation nicht vorbereitet und hatte keine Verstärker aufgebaut. BVB-Fans wissen nicht, was ein Freundschaftsspiel ist, sie kennen nicht die Geschichte ihrer Stadt, und sie wissen nicht, dass es in Bochum beste Bratwurst und Pommes gibt.
Aber zum Glück gibt es Gerechtigkeit, und die folgte auf dem Fuß. Während die Stars der ersten BVB Elf überheblich über den Platz hüpften, denen die schwarzgelben Pommes auf die Pupe drückten, bewies der VfL Killerinstinkt: Terodde in der Mitte freigespielt. Er hat Übersicht, bedient Bulut, der auf Rechts durchbricht und diagonal in die Mitte spielt, wo Terrazino direkt verwandelt. Wunderbar, ein Spielzug besser als aus dem Fußballlehrbuch.
Halbzeit zwei. Weiter so. Während Tuchel wie Rumpelstilzchen an der Außenlinie herum hüpfte, gestikulierte und schrie, nahm Hoogland den Abpraller volley. Drin. 2:0. Kurz darauf hatte Tuchel genug gesehen von den Darbietungen der Stars. Zuschauer vermuteten Rudelbildung, als sich plötzlich viele BVB-Spieler an der Seitenlinie versammelten. Kaum einer begriff, was vor sich ging. Vermutlich auch die Gästespieler nicht. Tuchel wechselte acht Akteure aus. Die vermeintliche zweite Garde machte es besser als die erste Elf. Zu mehr als zum Anschlusstreffer reichte es verdientermaßen nicht.

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Nach dem 1:0 schien fast überall die Sonne.

Ende gut, fast alles gut. Wenn nicht ein großer Teil der vermeintlichen Dortmunder Fans nach Spielschluss aus der Rolle gefallen wäre. Die Schmähgesänge der schlechten Verlierer waren schon bekannt. Dann fantasierten sie auch noch und sangen vom „Europapokal“, für den Dortmund noch gar nicht qualifiziert ist. Ein typischer Verdrängungsmechanismus.
Es kam wie es kommen musste. Ausschreitungen, Prügeleien und Jagdszenen an der Castroper Straße. Man konnte die Rüpel zwar umrunden, aber am Bahnhof angekommen, ritten die schnellen Polizeireiterinnen immer noch hinter schwarzgelben Lümmeln  her, die leider keinen Spaß verstehen.
Der VfL bestand die Admiralsprobe für den Ligabeginn in einer Woche mit Auszeichnung. Das gibt Selbstbewusstsein. Für den BVB war es möglicherweise ein wegweisendes Spiel. Die Superstarallüren der ersten Elf scheint auch Tuchel nicht besiegt zu haben.

Fazit: Ein wunderbarer Fußballabend mit einem verdienten Sieger?  Es war mehr als das: Der Sieg des VfL über den scheinbar übermächtigen Nachbarverein ist ein Meilenstein für die Fußballwelt. Der VfL machte viele Fußballfans glücklich. Der Himmel ist blau und die Wolken sind weiß. Und der VfL hat zwei sehr gute Torhüter.

Stimmen zum Spiel: (Wir wollen auch den vernünftigen Dortmundern Gelegenheit zur Wortmeldung geben)

Kronenschmeckt schreibt: Dafür, dass wir noch nicht mal im Trainingslager waren, war das schon ganz ordentlich.
Trotzdem Glückwunsch an den VfL.
Ich hoffe wir sehen uns bald mal wieder in Liga1.
Das Bochumer Stadion ist einfach klasse. Die Bratwurst sucht seinesgleichen und das Bier…naja..;-)
Dazu die Antworten:

von Cara1848: Naja…Ist halt richtiges Bier.
klase: Wenn Sie im Gästebereich konsumiert haben, haben Sie Fiege light „genossen“.

Kronenschmeckt: Jetzt wird mir so einiges klar.

(Quelle: derwesten.de)

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