Ab in den Keller – Wie lange noch?

Düsseldorf. (OK) Der Coroner hält uns gefangen in der BRD. Der Stadtspiegel sagt: „Ab in den Keller!“ Schallplatten rausholen.

Gelesen. Funktioniert nicht. Schallplatten gehören nicht in den Keller, sondern ins Wohnzimmer.

Im Schallplattenregal steht der „Schallmauer-Sampler“. Schallmauer war eine Plattenfirma in Neuss. Diese Firma hat 1980 den gleichnamigen Sampler herausgebracht, auf dem so hervorragende Bänds vertreten sind wie Modern Heroes (Dortmund), Clox (Dortmund) und KFc (Düsseldorf). Songs und Texte des legendären KFc entfachen gerade eine ungeahnte Aktualität.

Der KFc – kurz für „Katholischer Fanfarenchor“ – ist mit vier Hits vertreten. Darunter: Du klaust überall, Ich häng mich auf, Gefangen in der BRD und Stumpf ist Trumpf.

KFc: Letzte Hoffnung Politbüro.

„Was Du klaust und wo Du klaust, das ist dir scheißegal“ heißt es. Der KFc wirkt, er inspirierte unzählige Klopapierdiebe. Die Gruppe setzte sich aus Söhnen zusammen. Die Besetzung auf dieser Platte lautete: Tommi Stumpf (Gesang), Fritz Fotze (Schlagzeug) Käptn Nuss (Bass) und Micki Matchkopf (Gitarre). Der KFc gefiel durch seinen rasanten Sound, einen Wahnsinnsbass und lustige Texte. Später löste sich der KFc in Nichts auf und geriet fast in Vergessenheit.

Da passte es gut, dass am Tage der Zeitungsveröffentlichung der WDR anlässlich des Todes von Gabi Delgado (Sänger Deutsch Amerikanische Freundschaft) einen Beitrag über Düsseldorf als Musikantenhauptstadt innovativer Musik im 3. Programm erneut ausstrahlte. In diese Sendung hätte der KFc reingehört. Aber nichts da. Fehlfarben, DAF, SYPH, Der Plan, Östro 430 und die unvermeidlichen Toten Hosen alias ZK übten Selbstbeweihräucherung ohne den KFc zu erwähnen. Titel des Films: „Keine Atempause“.

Der KFc war umstritten, kompromisslos brutal, aber musikalisch die beste Punkbänd seinerzeit. Laut Schallmauer eine Kultbänd. Man hasste oder liebte sie. Laut wikipedia erarbeitete sich die Bänd ein Krawallimage. Den Wikipediabeitrag kritisiert Sänger Tommi Stumpf alias Tommi Stumpff in seinem KFc-Blog. „90 Prozent ist völliger Unsinn.“

1980 veröffentlichten sie ihre erste Single „Kriminalpogo“. Eine Weiterentwicklung von Kriminaltango. Den Bändnamen hatten sie von Katholischer Fanfanrenchor in Kriminalitätsförderungsclub geändert, passend zum Lied und zu „Du klaust überall“. Das Lied Kriminalpogo mit dem typischen Wahnsinnsbass und dem typisch klirrenden KFc-Gitarrensound ist ein Hit. Heute ist die Platte restlos ausverkauft.

KFc.

Genauso ausverkauft wie die Debüt-LP „Letzte Hoffnung“. Der Song: „Wie lange noch? Ich warte immer noch“ hat wenig an Aktualität eingebüßt. Die Platte er schien im Januar 1981 und wurde ein Bestseller. Sozialpsychologen kritisierten die Band wegen der Verwendung eines NSDAP-Plakats auf dem Cover. Die Künstler hatten sich dort selbst als letzte Hoffnung der verzweifelten Massen präsentiert. Keine Übertreibung. Auf dem Album befindet sich eine musikalische Untersuchung des ersten öffentlichen Gelöbnisses der Bundeswehr in Bremen 1980, das der KFc in eine Klangcollage mit Gelöbnissen der Wehrmacht baut. Lyrische Texte: „Elli ich bin munter, hol mir bitte einen runter.“ Und: „Wir sitzen in der U-Haft.“ Wo soll der Kriminalitätsförderungsclub auch sonst sitzen? Die Musikpresse bejubelte das Meisterwerk. Heute listete es das renovierte Musikmagazin „Rolling Stone“ unter den besten 100 Punkalben aller Zeiten, mit Velvet Underground, Sex Pistols, Ramones, Clash.

Fritz Fotze und Matchkopf verließen das Syndikat und gründeten die Band Nichts und veröffentlichten die Platte Tango 2000.

Der KFc machte danach als Trio weiter, Nuss am Bass, neuer Schlagzeuger Rainer Mackenthun und Stumpf Gitarre und Gesang. Sie begründeten diesen Schritt damit, dass sie zu dritt ihre Beute nicht mehr durch vier teilen mussten. Diese Formation nahm mit Conny Plank die Single Wer hat Lilli Marleen umgebracht? auf. 1982 erschien das Album „Knülle in Politbüro“ als Singleauskopplung. Der Sound war geschliffener als vorher, musikalisch fiel die Platte leicht ab, und die Texte waren weniger originell. „Knülle im Pollitbüro „Oi, Oi, Oi.“ Der KFc hatte die Zustände im Staatsrat der DDR enthüllt.

Die Bande löste sich auf, die Musiker tauchten unter, um der Verhaftung zu entgehen. Tommi Stumpf änderte seinen Namen in Tommi Stumpff und lebt seitdem unentdeckt im Untergrund.

Unter falschem Namen macht er heute „elektronische Musik“, wie es heißt. Hört sich mitunter an wie PIL. Vom KFc gibt es keine eigene CD, keine DVD. Die Musik lebt weiter auf youtube und im Plattenregal. (Der KFc ist auf dem Sampler Verschwende Deine Jugend mit zwei Songs vertreten: Stumpf ist Trumpf und Wie lange noch. Stumpf ist Trumpf leider ohne den Ansagetext von der Platte Schallmauer)

 

 

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